ANDREJ HOLM – GRUNDLAGEN DER WOHNUNGSFRAGE | 20. & 21.5.22

Buchvorstellung inkl. Diskussion und Tagesseminar mit Andrej Holm

Buchvorstellung: Freitag, 20. Mai um 19 Uhr 
Wo: Köşk, Schrenkstraße 8, 80339 München

Tagesseminar: Samstag, 21. Mai von 10-16 Uhr
Wo: Ligsalz8, Ligsalz Str.8, 80339 München
Unkosten-/Verbindlichkeitsbeitrag Tagesseminar: 10.00 Euro

Bitte vorab an folgendes Konto:
Stadtsparkasse München
IBAN DE51 7015 0000 1002 3827 01
Betreff: Holm Seminar
Kontoinhaber: Aktionsgruppe Untergiesing

Anmeldung

Flyer

Wohnen ist alles andere als eine Privatangelegenheit. Als Ausdruck sozialer Verhältnisse und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen hat das Wohnen einen zutiefst gesellschaftlichen Charakter. Im Spannungsfeld von Markt, Staat und Alltagspraxen spiegeln sich in den Wohnverhältnissen die grundlegenden Konflikte unserer Gesellschaft

Buchvorstellung inkl. Diskussion:

Andrej Holm wird in diesem Zusammenhang sein neues Buch „Objekt der Rendite – Zur Wohnungsfrage und was Engels noch nicht wissen konnte“ (2021, Karl Dietz Verlag) vorstellen und anschließend mit VertreterInnen der MieterInnenbewegung Münchens darüber diskutieren (u.A. VertreterInnen von #ausspekuliert, Mietenstopp und Aktionsgruppe Untergiesing)

Tagesseminar:

Das Tagesseminar soll daran anknüpfend die Möglichkeit zur Vertiefung geben. Auf Basis von einführender Literatur aus dem Umfeld der kritischen Stadtsoziologie und im Gespräch mit Andrej Holm werden „alle Fragen, die wir schon immer hatten“ gestellt und diskutiert werden – gerade auch mit Blick auf eine sinnvolle Praxis in München.

Ziel der Veranstaltung

Ziel der Buchvorstellung inkl. Diskussion ist es, in einer breiten Öffentlichkeit die neue Wohnraumfrage, welche sich in der Stadt München und ganz besonders auch in der Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt dringlich stellt, mithilfe der wissenschaftlichen und wohnungspolitischen Expertise Andrej Holms einzuordnen und in ihrer Grundstruktur zu erfassen.

Der Referent

Andrej Holm ist Sozialwissenschaftler mit den Themenschwerpunkten Stadterneuerung, Gentrifizierung und Wohnungspolitik. Er war 2016/2017 kurzzeitig Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen der rot-rot-grünen Landesregierung von Berlin.
Andrej Holm hat sich mit dem Plädoyer für eine Neue Wohngemeinnützigkeit und Rekommunalisierung in ein politisches Minenfeld begeben, da der Ansatz nicht nur von verschiedenen Seiten (liberale und konservative Kapitalfraktionen und Interessenverbände, etablierte politische Parteien) massiv kritisiert wird, sondern auch im Kontrast steht zu partikularistischen Freiraumpolitiken der linken Szene, in denen über die strukturellen Grenzen und Exklusionen im Umfeld von Hausprojekten und Mietshäusersyndikatsprojekten viel zu selten offen debattiert wird. Gemeinsam ist die Frage zu erörtern, wie eine wohnungspolitische Wende zu gestalten ist.
In den Analysen von Andrej Holm sind Fragen der Gleichstellung und der Reproduktion an vielen Stellen mitgedacht, ob es um Kita-Plätze oder Partizipation – gerade auch von migrantischen Frauen – im Stadtteil geht.

INHALTLICHES

Seit dem jüngsten Armutsbericht ist bekannt, dass die übergroße Mehrheit der Münchner Bevölkerung mit niedrigem und mittlerem Einkommen sich diese Stadt nicht mehr leisten kann. München ist damit die Spitze des Eisbergs und Vorreiter einer Entwicklung, die auch in anderen Großstädten der BRD seit vielen Jahren zu steigenden Mieten, Verdrängung von MieterInnen und einer Umstrukturierung ganzer Städte führt. Und obwohl die Ausgangssituationen, Kontextbedingungen und (staatliche) Wohnungspolitiken in einzelnen Ländern ganz verschieden sind, ist die Frage aufzuwerfen, ob Gentrifizierungsprozesse von Los Angeles bis Istanbul nicht im Grunde auf sehr vergleichbaren Dynamiken fußen. Im Zuge der angespannten Lage auf den großstädtischen Wohnungsmärkten ist derzeit immer wieder zu hören, dass die Mieten den Löhnen davonlaufen. Doch wie ist das gemeint? Wieso steigen Mieten? Und warum kostet Wohnraum eigentlich überhaupt Geld?
Für die Beantwortung dieser Fragen muss etwas weiter ausgeholt und tiefer eingestiegen werden. Denn der Wohnungsmarkt ist kein Markt wie jeder andere und Wohnungskrisen lassen sich bis in die Zeit der Industrialisierung zurückverfolgen, als Wohnraum zur Ware wurde und breite Teile der Bevölkerung sich in die Lohnarbeit gezwungen sahen. Im 21. Jahrhundert erhält sich der krisengebeutelte Kapitalismus trotz minimaler Wachstumsraten in den postindustriellen Gesellschaften am Leben – nicht zuletzt durch Landnahmen auf vormals wenig profitträchtigem oder gar dekommodifiziertem Terrain: alte Werkswohnungen werden aufgekauft, Sozialwohnungen abgerissen und stattdessen Luxuslofts errichtet. Die derzeitige Wohnungsfrage ist demnach nicht durch einen vermeintlichen Mangel an Wohnraum aufgrund von Bevölkerungswachstum oder Wanderungsbilanzen zu erklären. Sie ist das Produkt einer jahrelangen, politisch geförderten und prinzipiell grenzenlosen Inwertsetzung von Bausubstanz. Die Strategie des Kapitals ist so banal wie altbacken: Gewinne werden auf dem Wohnungsmarkt generiert über Grundrenten, und weil es sonst nicht mehr viel zu holen gibt, stürzen sich in Zeiten des Finanzmarktkapitalismus alle auf Immobilien. Insbesondere der deutsche Immobilienmarkt gilt seit der Krise 2008 ff. weltweit Kapitalanlegern als ‚sicherer Hafen‘. Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen Rente und Profit? Steht ein neuer Crash denn überhaupt bevor? Und warum kann man Sozialwohnungen einfach abreißen?
Auch feministische Ansätze zur Reproduktion von Geschlechterrollen in den Wohnverhältnissen, ökologische Herausforderungen der fortwährenden Urbanisierung und regulationstheoretische Überlegungen zur Reichweite von staatlichen Eingriffen in das Wohnungswesen prägen die wohnungspolitischen Diskussionen der letzten Dekaden und haben die klassische Wohnungsfrage um neue Facetten erweitert.
Fragen über Fragen, die im Rahmen eines Tagesseminars gemeinsam diskutiert werden sollen. Als Referent ist Andrej Holm eingeladen, um uns nicht nur theoretische Grundlagen über die politische Ökonomie des Wohnens anzueignen, sondern auch Möglichkeiten und Grenzen politischer Praxis zu auszuloten. Es wird dabei sowohl um die strukturellen Determinanten der Wohnungsversorgung (Eigentumsverhältnisse, Wohnungsbau, Kapitalinteressen, Staat) in kapitalistischen Gesellschaften als auch um die sozialen Mechanismen, über die der Zugang zu Wohnraum reguliert wird (Diskriminierung und Ausschlüsse vom Wohnungsmarkt, politische Regulierungsversuche, Umverteilung und Aneignung) gehen. Im Seminar soll es zudem um Handlungsspielräume und potenzielle Akteure politischer Interventionen gehen. Denn die Logiken von Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik vollziehen sich nicht (nur) hinter dem Rücken der Akteur/innen, sondern sie werden auch ‚gemacht‘.

Veranstalter:
Aktionsgruppe Untergiesing, Kampagne MIETENSTOPP & #ausspekuliert

Kooperationspartner:
Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung in Bayern e.V./Rosa-Luxemburg-Stiftung, Regionalbüro Bayern