Offener Brief an OB Reiter, die Bürgermeisterinnen und die Stadtratsfraktionen der LH München

Offener Brief

Initiator:
ausspekuliert

7 + 72 Unterzeichner:

  • Aktionsgruppe Untergiesing e.V.
  • ausspekuliert
  • Bündnis Bezahlbares Wohnen e.V.
  • Bündnis Heimat Giesing
  • Bündnis München Sozial (Zusammenschluss von 72 sozialpolitisch aktiven Organisationen, Verbänden und Initiativen, z.B. Arbeiter-Samariter-Bund München/Obb. e.V., Bayerisches Rotes Kreuz, Caritas, Deutscher Mieterbund Landesverband Bayern, Mieterverein München e.V., Paritätischer Wohlfahrtsverband, Sozialverband VdK Bayern, Kreisverband München)
  • Ligsalz8
  • Real München e.V.
  • ver.di Bezirk München & Region

Betreff: Konsequente Ausübung der Vorkaufsrechte

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reiter,
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Habenschaden,
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Dietl,
Sehr geehrte Stadtratsfraktionen,

Mit dem „Sicherheitspaket Haushalt 2020“ wurde mehrheitlich im Stadtrat beschlossen, das Vorkaufsrecht der Stadt nur noch „im begründeten Einzelfall“ auszuüben.
Nicht nur wir von #ausspekuliert haben das mit Erstaunen kurz nach der Veröffentlichung des neuen Koalitionsvertrages gelesen.

Direkt anschließend hat das Haus mit der Sozialtherapeutischen Einrichtung in der Arcisstraße 63 dem Stadtrat anscheinend nicht genügend Gründe geliefert, um das Vorkaufsrecht auszuüben. Obwohl die Stadt „genauer hinsehen“ wolle, vor allem, wenn es um die soziale Situation der Mieter gehe.

Die CSU hat 2017 die Dringlichkeit in diesem Fall erkannt.

Frage: Nach welchen Kriterien wurde die Ablehnung des Erwerbs beschlossen?

Wenn diese Einrichtung kein „begründeter Einzelfall“ sein soll, was denn dann?

Noch im Wahlkampf versprachen Sie Herr Oberbürgermeister, sich für die Ausweitung der Erhaltungssatzungen einzusetzen. Die Grünen versprechen in Ihrem Wahlprogramm, dass sie „durch eine geänderte Auslegung der aktuellen Gesetzeslage diesen Schutz auf das gesamte Stadtgebiet ausweiten und die Befristung der Erhaltungssatzungen auf fünf Jahre abschaffen“. Im Koalitionsvertrag von Grün-Rot steht „konsequente Ausübung der Vorkaufsrechte“ und „Weiterentwicklung der bestehenden Erhaltungssatzungen, Ausweitung dieser auf die ganze Stadt“.

Was bleibt mit dem Beschluss des Stadtrats vom 13. Mai von dem hohen Stellenwert des MieterInnenschutzes übrig?
Was bringt eine Ausweitung der Erhaltungssatzungen, wenn gleichzeitig die Stadt ihr Vorkaufsrecht rigoros herunterfährt? Im Sommer 2018 wurde die Abwendungserklärung der möglichen Käufer verschärft, Mitte 2019 erfolgte eine Neufassung der Voraussetzung für die Ausweisung einer Erhaltungssatzung. Dies hatte zum Ziel, den MieterInnen einen besseren Schutz zu gewährleisten, was dann auch gelang. Dies soll nun hinfällig sein?

Mit dem größten Verständnis dafür, dass die Stadt München in Zeiten von Corona anders wirtschaften muss, darf dies nicht wieder zugunsten der Immobilienwirtschaft und Luxus passieren. Davon hat München genug!
Die erneuten Preissteigerungen in dem am 28. Mai von Kristina Frank (CSU) stolz präsentierten Immobilienmarktbericht 2019 zeigen deutlich, dass die Stadt München durch einen Verzicht der konsequenten Ausübung des Vorkaufsrechts an der falschen Stelle spart und der Spekulation Hilfestellung leistet.

Ein Desaster für die langfristige Preisentwicklung in unserer Stadt. Es darf nicht sein, dass die Immobilienwirtschaft durch die Corona-Krise derart gestärkt - und das soziale Ungleichgewicht nochmal verschärft wird.

Wir fordern Sie auf, sich (weiterhin) für folgendes einzusetzen:

  • die städtischen Vorkaufsrechte konsequent auszuschöpfen, am Besten mit einer Kaufpreislimitierung - nur so können aus unserer Sicht die MieterInnen in den Erhaltungssatzungsgebieten geschützt werden und die Stadt mit bezahlbarem Wohnraum versorgt werden.
  • die Erhaltungssatzungen weiter zu entwickeln und unbefristet auf die ganze Stadt auszudehnen.
  • das Modell der Münchner Stadtanleihe weiterzuführen - das Interesse von Anlegern an „Social Bonds“ ist offensichtlich vorhanden.
  • mit den Mieter*innen der Objekte Optionen zu prüfen, ob sie das Gebäude nicht mittels einer einer zu gründenden Genossenschaft, bzw. einem Mietshäuser Syndikats-Projekt, kaufen können und diesen den Grund in Erbpacht zur Verfügung stellen. Dann hätte die Stadt einen Teil der Kosten sofort zurück, könnte den Verwaltungsaufwand abgeben und die BewohnerInnen würden soweit als möglich in Selbstverwaltung und Selbstorganisation ermutigt.

Das Vorkaufsrecht ist eines der wenigen Instrumente gegen Verdrängung und muss ausgebaut werden. Der Stadtrat darf die MieterInnen dieser Stadt nicht alleine lassen.

Wir bitten Sie um eine (gerne öffentliche) Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen,

Aktionsgruppe Untergiesing e.V.
ausspekuliert
Bündnis Bezahlbares Wohnen e.V.
Bündnis Heimat Giesing
Bündnis München Sozial
Ligsalz8
Real München e.V.
ver.di Bezirk München & Region

Antwort der SPD/Volt-Fraktion:

"SPD/Volt setzt weiterhin auf konsequente Ausübung von Vorkaufsrechten" und lädt #ausspekuliert zu einem Gespräch.

Die Fraktion der Grünen/Rosa Liste lässt mit einer Antwort noch warten.